Der amerikanische Landarzt Andrew Taylor Still (1828 - 1917) ist der Begründer der Osteopathie.
Im amerikanischen Bürgerkrieg starben innerhalb weniger Tage drei seiner Kinder während einer Meningitisepidemie und ein viertes an einer Lungenentzündung.
Er wandte sich daraufhin unzufrieden von der etablierten Medizin ab, ging auf die Suche nach neuen Heilmethoden und begann ein intensives Selbststudium der Anatomie und Physiologie des menschlichen Körpers. Ein neuer Behandlungsansatz entstand.
1874 gab Andrew T. Still diesem Ansatz den Namen Osteopathie. Der zusammengesetzte Begriff leitet sich aus den altgriechischen Wörtern „osteon“ für Knochen und „pathos“ für Leiden her.
Da er bald mehr Patienten hatte, als er behandeln konnte, beschloss er auf deren Bitten, „seine Osteopathie“ zu unterrichten. Zu seinen bekanntesten Schülern zählen John Martin Littlejohn - der 1917 mit der „British School of Osteopathie“ die erste europäische Schule für Osteopathie gründete, Daniel David Palmer - der Begründer der heutigen Chiropraktik und William Garner Sutherland - der die Osteopathie erheblich durch die Entwicklung der cranio sacralen Osteopathie bereichert hat.
Die Osteopathie ist eine ganzheitliche Therapie mit eigenem philosophischen Konzept, basierend auf:
� Der Einheit des menschlichen K�rpers
� Der Beziehung von Struktur und Funktion
� Den selbstregulierenden und -heilenden Kr�ften des K�rpers
Die Osteopathie ist eine Wissenschaft, die sich auf anatomische und physiologische Erkenntnisse stützt. Sie beinhaltet drei Teilgebiete mit ihren jeweligen Möglichkeiten der Einflussnahme auf den Körper.
1. Parietale Osteopathie
Die parietale Osteopathie beschäftigt sich mit der Untersuchung und Behandlung des Bewegungsapparates, d.h. die Ursache für erhöhte Spannung, Minderversorgung und gestörte Drainage wird aufgesucht und behandelt.
2. Viszerale Osteopathie
Die viszerale Osteopathie beschäftigt sich mit den inneren Organen, dem dazugehörigen Bindegewebe und den dazugehörigen Gefäßen und Nerven.
Funktionelle Störungen können durch Organsenkungen, Operationsnarben, Entzündungen und als Folge der Ernährung entstehen. Da die Organe Anheftungs- und Berührungspunkte mit anderen Organen und dem Skelettsystem haben, können sie sich wechselseitig beeinflussen.
3. Cranio Sacrale Osteopathie
Das zentrale Nervensystem mit seinen membranösen Häuten wird vom Schädel, der Wirbelsäule und dem Becken umgeben. Diese Teile bilden eine Einheit und werden zum cranio sacralen System zusammengefasst. Der gesamte Körper steht mit diesem System in Verbindung.
Dem intracraniellen System liegt eine Dynamik zu Grunde, die der Osteopath zur Untersuchung und Behandlung nutzt. Jede Verletzung oder Unfall kann dieses System irritieren und aus dem Gleichgewicht bringen. Dadurch kann der Organismus in seiner Gesamtheit gestört werden. Andererseits kann der Osteopath über dieses System Einfluss auf den ganzen Körper und seine Steuerungsmechanismen nehmen.
In der Schwangerschaft kann es zu Beschwerden am Bewegungsapparat kommen. Z.B. schmerzhafte ISG- und LWS Blockaden.Diese Schmerzen werden oft durch Störungen der urogenitalen und abdominalen Fascien und Ligamente verursacht. Durch vorangegangene Operationen, Verletzungen und Infektionen können Verklebungen und Narben entstanden sein. Durch den, während der Schwangerschaft, zunehmenden Druck im kleinen Becken können ver- und entsorgende Gefäße und Lymphgefäße beeinträchtigt werden, was zu Stauung und Schmerzen im Becken und in den unteren Extremitäten führen kann.
Metabolische Störungen können auch durch mechanische Ursachen entstehen.Das Cranium, das Sacrum und die Wirbelsäule bilden zusammen mit ihren Bindegewebshäuten eine funktionelle Einheit. Deshalb kann ein, in seiner Beweglichkeit eingeschränktes Sacrum, über die Meningen Spannungen bis zum Cranium leiten. Als Folge kann es zu Zirkulationsstörungen der Fluida und zu Stauungszeichen kommen
Den Entwicklungsstörungen bei Kindern liegen als Ursache häufig während der Geburt erworbene Traumen zu Grunde. Entwicklungsverzögerungen, oft verbunden mit Verhaltensauffälligkeiten, können für die Kinder, Jugendliche, Eltern, Lehrer und andere sehr belastend sein. Oft werden diese Kinder und Jugendlichen von unserem System ausgefiltert und ihre Fähigkeiten und Begabungen vergraben. Nicht nur Störungen auf psychoemotionaler Ebene sondern die für Ärzte, Hebammen, Therapeuten, Eltern usw. ins Auge stechenden Symptome wie Biss- und Kieferasymmetrien, persistierende Mundatmung, Skoliosen und Fußdeformitäten können Folgen von Geburtstraumen sein.
Aus entwicklungsphysiologischer Sicht ist der kindliche Schädel zum Zeitpunkt der Geburt so entwickelt, dass er die Kompression während der Geburt gut aushalten kann, um sich dann, nach dem ersten Schrei, entfalten zu können. Fehlfunktionen, wie die oben genannten, können beispielsweise durch frühzeitige Wehen, Kaiserschnitt, Nabelschnur um den Hals, Saugglocke oder Zangengeburt, Verlust des Fruchtwassers, schlechte Lage des Babys im Mutterbauch usw. entstehen. Langwierige oder zu schnelle Geburten können dafür verantwortlich sein, dass es zu kleinen strukturellen Veränderungen im Bindegewebe kommt, die unter Umständen die Körperphysiologie empfindlich stören. Es gibt z.B. Kompressionen der oberen Kopfgelenke, Atlas / Axis-Dysfunktionen und so können einzelne Schädelknochen in Bezug dazu, untereinander oder in sich selbst komprimiert werden. Folgen daraus sind häufig: asymmetrisches Wachstum des Hirnschädels, daraus entstehende Asymmetrien am Gesichtsschädel und der Wirbelsäule und damit vergesellschaftete Funktionsstörungen des Bewegungsapparates und der Organe.
Warum ist eine Zusammenarbeit von Osteopath und Kieferorthopäde bzw. Zahnarzt sinnvoll?
Da kieferorthopädisches Eingreifen im Ergebnis oft mit erheblichen Verschiebungen im Kiefer und somit im Gesichtsschädel verbunden ist, liegen hier Chance und Gefahr für den Gesamtorganismus nahe beieinander - z.B. verändern Geräte, die lose zwischen Unter- und Oberkiefer liegen, die räumliche Relation zwischen Unter- und Oberkiefer. Dabei entstehen neue Muskelkräfte, also funktionelle Kräfte, die zum Gewebeumbau genutzt werden. Diese funktionellen Kräfte beeinflussen Suturen, Kieferbasen und die Zähne direkt.
Häufig erreicht man durch kieferorthopädische Intervention in der osteopathischen Behandlung deutliche Fortschritte, andererseits kann es dadurch zu Restriktionen und Verschlechterungen der Funktionen kommen, wenn eben diese Veränderungen im Kieferbereich nicht in die Gesamtfunktion integriert werden können.
Der Gesichtsschädel ist nach der Geburt nur wenig ausgebildet. Er wird sich im Laufe des Wachstums und der Entwicklung noch mehrmals stark verändern. Diese Veränderungen sind abhängig von dem feinen Zusammenspiel der Muskeln, Lippen, Zunge, Wangen, Haut, Schleimhaut, Nerven, Blutgefäße, Luftwege, des Bindegewebes und des Rachens.
Das bedeutet: Ist ein Nerv aus irgendeinem Grund, beispielsweise durch Kompression beeinträchtigt, wird er in seiner Funktion am Erfolgsorgan (z.B. am Muskel) gestört. Das könnte heißen, es gibt auf einer Körperseite andere Spannungsverhältnisse. Das kann wiederum zu asymmetrischem Wachstum führen. Auch im ausgewachsenen Zustand kann eine asymmetrische Spannungssituation zu Überlastungszuständen im Gewebe führen.
Auch Asymmetrien (z.B. fixierte Skoliosen und Beckenschiefstände, Muskelhyper- und atrophien) und Bewegungseinschränkungen aus dem Körper können für Spannungszustände im Kiefer, im Gesicht und im gesamten Kopf sorgen.
Dysfunktionen (Verlust von Beweglichkeit) sollten behoben werden, damit der Körper die kieferorthopädischen Hilfsmittel besser integrieren kann.